Es war der Eklat des 27. Spieltages in der Bundesliga, im Grunde genommen der ganzen Saison: Im Abendspiel am Freitag, 18. März wurde Schiedsrichterassistent Christian Gittelmann beim Spiel zwischen dem VfL Bochum und Borussia Mönchengladbach von einem Zuschauer mit einem vollen Bierbecher am Kopf getroffen. Das Spiel wurde daraufhin beim zwischenzeitlichen Spielstand von 0:2 aus Bochumer Sicht völlig zurecht abgebrochen. Gittelmann erlitt durch den Vorfall eine Schädelprellung und ein Schleudertrauma.
Nun wägt der Verein aus Bochum ab, ein Alkoholverbot im Stadion zu verhängen. Ob allerdings Alkohol alleine der Grund an Attacken wie diesen ist, scheint mehr als fragwürdig.
Pro und Contra
Klar ist, ab einem gewissen Alkoholpegel werden keine rationalen Entscheidungen mehr getroffen und die emotionale Verfassung eines Menschen kann mitunter recht gereizt sein. Das kann niemand von der Hand weisen. Wenn man aber bedenkt, dass seit Jahrzehnten Bier in Stadien ausgeschenkt wird und Vorfälle wie diese an zwei Händen abzuzählen sind, würde damit weit mehr Leuten “Schaden” zugefügt, als dass es Abhilfe schafft.
Es sind durchweg Einzeltäter, die solche Attacken verüben. Die große Mehrheit der Fans möchte einen gemütlichen und positiv emotionalen Tag im Stadion verbringen, dabei ihre Mannschaft anfeuern und unter Freunden ein Stadionbier trinken. Mit einem Alkoholverbot würden genau diese friedlichen Fans vertrieben werden. Die Auslastung der Stadien würde darunter leiden, die Vereine würden sich ins eigene Fleisch schneiden.
Erinnerung an das Jahr 2000, die Golfball-Attacke in Freiburg auf den damaligen Nationaltorhüter Oliver Kahn: Damals war es ein 16-Jähriger Schüler, der die Tat aus Missgunst gegenüber Gegner FC Bayern München ausübte. Oder im Jahre 2011, als ebenfalls ein voller Bierbecher aus dem Block des FC St. Pauli auf den damaligen Assistenten Thorsten Schiffner geworfen wurde. Grund hierfür war ebenso der Frust des Täters wegen des schon feststehenden Abstiegs aus der Bundesliga.
Außerdem darf nicht vergessen werden, dass auch schon der ein oder andere Spieler Schiedsrichter oder Gegner im Eifer des Gefechts angegriffen hat. Zwar nicht unbedingt auf körperlicher Ebene, sondern auf verbaler. Alkohol war dort nicht der Faktor, sondern die emotionale Entladung.
Ein Alkoholverbot würde das Problem nur verschieben
Schon im Zuge des Alkoholverbots in Stadien zu Beginn der Corona-Krise meinte Axel Hellmann, Vorstandsmitglied bei Eintracht Frankfurt, dass er “keinen Sinn darin sehe, dass die Fans bis zu den Stadiontoren Vollgas gäben, in dem Wissen, dass sie für die nächsten Stunden während des Spiels nicht mal ihr Stadionbier bekämen. Dies schaffe an den Eingängen möglicherweise mehr Probleme als es löse”.
Dann wären es zwar nicht mehr die Schiedsrichter, die angegriffen würden, sondern die Stadionordner?
Die Taten von vereinzelten Idioten zu nehmen und die restlichen 99,9% der Fans zu bestrafen, wäre nicht zu rechtfertigen. Viel eher sollten Attacken wie diese viel härter bestraft werden, sodass überhaupt niemand mehr auf die Idee kommen würde, Schiedsrichter oder Gegner oder irgendjemand sonst verletzen zu wollen. Ebenso kann nur an alle anderen Fans appelliert werden, den oder die Täter nicht durch Stillschweigen zu unterstützen. Die Anonymität in der Masse sollte dadurch genommen werden. Anders wird es sehr schwierig, Täter zur Rechenschaft zu ziehen. Da hilft auch ein Alkoholverbot in Stadien nicht wirklich weiter.